BAFA verkompliziert Anmeldung stromerzeugender Heizungen


Konkret erhalten ab dem 1. Januar 2020 in Betrieb genommene Mini-BHKW auf Grundlage von § 7 Absatz 3a KWKG 2020 auch rückwirkend einen KWK-Zuschlag von 16 Cent/kWh für die Einspeisung in das Netz und 8 Cent/kWh für in der Kundenanlage genutzte Strommengen. Der Zuschlagszeitraum sinkt von 60.000 Vollbenutzungsstunden auf nur noch 30.000 Vollbenutzungsstunden. Darüber hinaus sieht das Gesetz eine schrittweise Begrenzung der pro Jahr maximal möglichen Vollbenutzungsstunden auf nur noch 3.500 im Jahr 2025 vor, sodass sich nicht wenige der in den ersten sechs Monaten dieses Jahres errichteten Anlagen als teure Fehlplanung erweisen dürften. Die Novelle hat jedoch auch eine positive Seite: Die bürokratisch sehr aufwendige Meldepflicht bei negativen Strompreisen wird zukünftig entfallen.
Auf den ersten Blick scheint die Gesetzesänderung für die Betreiber im Ergebnis daher kosten- beziehungsweise einkommensneutral zu sein. § 8 Absatz 4 KWKG 2020 führt jedoch eine neue Begrenzung ein: Ab dem Jahr 2021 wird die Auszahlung pro Kalenderjahr nur noch für maximal 5.000 Vollbenutzungsstunden geleistet. Diese Kappung sinkt ab dem Jahr 2023 auf 4.000 Vollbenutzungsstunden sowie 3.500 Vollbenutzungsstunden ab dem Kalenderjahr 2025. Inwieweit diese Einschränkung möglicherweise unzulässig den Vertrauensschutz von Anlagenbetreibern aushebelt, die im Vertrauen auf die bisherige Gesetzeslage in den letzten 6 Monaten ein Mini-BHKW errichtet haben, dürfte langwierig durch die Gerichte zu klären sein. Am härtesten trifft die Gesetzesänderung die Betreiber von Anlagen, die unter Berücksichtigung der neuen Vergütungsbedingungen größer und damit flexibler und wirtschaftlicher hätten dimensioniert werden können. Auf der anderen Seite ist für Dauerläufer wie SOFC-Brennstoffzellen, die technisch bedingt nicht flexibel betreibbar sind und stets auf einer Betriebstemperatur von teilweise bis zu 1.000 °C gehalten werden müssen, eine Begrenzung der Betriebszeit rein praktisch kaum denkbar.
Aufatmen können die Betreiber von Anlagen bis 2 kWel, die bereits vor Inbetriebnahme eine mit einer pauschalierten Auszahlung des KWK-Zuschlags kalkuliert haben und ihren KWK-Zuschlag in einer Summe ausbezahlt erhalten haben. Die Möglichkeit zur pauschalen Auszahlung bleibt auch mit dem KWKG 2020 in § 9 unverändert erhalten. Wird von der Pauschalierung Gebrauch gemacht, wird der KWK-Zuschlag weiterhin in Höhe von 4 Cent/kWh auf 60.000 hypothetische Vollbenutzungsstunden berechnet und durch den Netzbetreiber in einer Summe ausgezahlt.
Die KWK-Novelle hat jedoch auch eine gute Seite: Die Meldung der zu negativen Preisen an der Strombörse erzeugten Strommengen, beziehungsweise die ersatzweise fällige pauschale Pönale im Fall einer Nichtmeldung, entfallen künftig. Bisher mussten Betreiber von BHKW mit einer Inbetriebnahme nach dem KWKG 2016 oder neuer, daher in der Regel Anlagen mit einer Inbetriebnahme ab dem 1. Januar 2016, bis zum 31. März eines Kalenderjahres gegenüber dem Verteilnetzbetreiber eine Meldung über die während negativer oder null betragender Börsenstrompreise im vorangegangenen Kalenderjahr erzeugten Strommenge abgeben. Anlagenbetreiber, die dieser Pflicht nicht nachkamen, erhielten eine pauschale Pönale. Je Kalendertag mit negativen Börsenpreisen reduzierte sich der KWK-Zuschlag um 5 Prozent bezogen auf den Kalendermonat.
Für große KWK-Anlagen ergeben sich durch das KWKG 2020 ebenfalls weitreichende Änderungen. Der KWK-Zuschlag für Anlagen größer 2 Megawatt wird um 0,5 Cent/kWh angehoben. Die Anforderungen für innovative erneuerbare KWK-Anlagen in § 7a KWKG 2020 werden abgesenkt, sodass mehr dieser Anlagen in den Genuss des Bonis kommen können. Auch der Kohleersatzbonus in § 7c KWKG wird angepasst und Details für den Erhalt des Südbonus aus § 7e KWKG korrigiert. Von diesen Änderungen profitieren jedoch nur Großkraftwerke ab 1 MW elektrischer Leistung.
Mit § 10 KWKG 2020 werden dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) weitreichendere Handlungsbefugnisse gewährt. Hier bleibt zu hoffen, dass sich die Abläufe der Behörde dadurch verbessern. Zuletzt gab es mit der Aussetzung des elektronischen Anmeldeverfahrens sowie dem Dauerstreit zwischen der KfW und dem BAFA um die Kumulierbarkeit der KfW-433-Brennstoffzellenförderung viele schlechte Nachrichten, sodass es für Anlagenbetreiber bei diesem Behördengang nach vielen negativen Erfahrungen zukünftig zumindest theoretisch nur noch aufwärtsgehen kann. Für den Neu- und Ausbau von Wärmenetzen wird entsprechend der §§ 18 und 19 KWKG 2020 künftig nur noch auf die tatsächlichen Kosten abgestellt, die mit 30 bis 40 Prozent bezuschusst werden. Der Rohrdurchmesser als Kriterium entfällt. Bestimmte Sonderfälle der Wärmenetzförderung wie die Förderung von Netzen mit nur 50 Prozent KWK/EE-Anteil werden bis zum 31.12.2022 befristet, wohingegen der normale Fördertatbestand in Höhe von 40 Prozent Zuschuss für Wärmenetze mit 75 Prozent KWK-Wärmeanteil bis zum 31.12.2029 verlängert wurde. Zur Finanzierung der Erhöhung des KWK-Zuschlags und der besonderen Boni für Großkraftwerke wird der KWK-Förderdeckel von 1,5 Milliarden Euro auf 1,8 Milliarden Euro angehoben. Die Geltungsdauer des KWKG wurde zudem insgesamt bis zum Jahr 2029 verlängert.
Die Wirksamkeit der vom Bundestag beschlossenen Änderungen steht unter zwei Vorbehalten: Zunächst muss der Bundesrat zustimmen, was aller Voraussicht nach bereits am heutigen Nachmittag erfolgen dürfte. Die Änderungen am KWKG stehen nach Artikel 10 des Kohleausstiegsgesetzes zudem unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung der EU-Kommission. Wie die einjährige Hängepartie um das KWKG 2016 oder die achtmonatige Hängepartie um die EEG-Umlagenreduzierung auf Eigenstrom im Jahr 2018 bewiesen haben, kann die Zustimmung der EU-Kommission eine heikle Sache sein und bis die bürokratischen Mühlen nicht fertig gemahlen haben, bleiben die Kassen der Anlagenbetreiber meist leer beziehungsweise werden von den Behörden wie dem BAFA in der Regel keine Bescheide ausgestellt, weshalb die Netzbetreiber keine Zahlungen veranlassen. Unabhängig von dem faktischen Vorbehalt im Gesetz wird der Gesetzgeber in der unverbindlichen Begründung dieses Vorbehaltes nicht müde zu erwähnen, dass „die Notifizierung vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils zum EEG 2012 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und höchst vorsorglich erfolgt“. Kaufen können sich Anlagenbetreiber von dieser unverbindlichen Meinungsäußerung des Gesetzgebers freilich nichts. So bleibt zum Schluss die Frage offen, was oder wer die Regierung und Parlamentarier zu solch einem mit der EU nicht abgestimmten Schnellschuss veranlasst hat, der noch dazu das Vertrauen der Anlagenerrichter und Investoren in den Wert geltender Gesetze durch eine sechsmonatige Rückwirkung von Änderungen unterhöhlt. Es wäre ein Leichtes gewesen zum jetzigen Zeitpunkt eine Anpassung des KWKG zu beschließen, die mit Wirkung zum 1. Januar 2021 die nötige Planungssicherheit für Investoren und Anlagenerrichter geboten hätte, der Bundesregierung Zeit für die Notifizierung verschafft hätte und der Verwaltung die Vorbereitung aller nötigen Prozesse ermöglicht hätte. Entlastend bleibt nur festzuhalten, dass die überwiegende Zahl der im Vertrauen auf die Geltung des bisherigen KWKG geplanten Anlagen im monetären Ergebnis kaum bis nicht von den Änderungen betroffen sein dürfte.
Download: Vom Bundestag angenommene Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (BT-Drs. 19/20714)
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